Mantra (man – Verstand, tra – schneiden, wegräumen).
Bedeutung des Wortes „Mantra“ – Reinigung des Verstandes.
Mantra ist eine heilige Silbe, ein Wort, ein Vers, ein Name Gottes. Das Mantra hat einen tiefen Sinn und eine geistige Wirkungskraft. In sehr alten Zeiten wurde die Wissenschaft des Mantras von eingeweihten Menschen und Yogis für die Reinigung des Bewusstseins und der Verbindung mit der göttlichen Kraft umfangreich verwendet. In unserer Zeit ist dieses Wissen über die Bedeutsamkeit der Mantras für den Großteil der Menschheit verloren gegangen. Doch diese Wissenschaft verwendet man nicht nur als Mittel um Gott zu erreichen, sondern auch um sich selbst und das eigene Leben in Ordnung zu bringen und zu harmonisieren.
Die Wissenschaft des Mantras ist sehr tiefgründig und vielseitig, und die Wirkungen des Klangs, der Vibration, auf unser Bewusstsein sind fundamental. Der Kern dieser Wissenschaft liegt darin, dass Gedanken, Worte und Taten, die der Mensch in seinem Leben hervorbringt, in Form von Worten (Energie, Klang) in die feinstoffliche Welt eingehen und dort abgespeichert werden und somit erhalten bleiben. In ihrer Gesamtheit bilden sie unser Karma, das weitere Wiedergeburten bedingt und die Umstände des nächsten Lebens bestimmt.
Das Gesetz des Karmas
Entsprechend seinem Karma bekommt der Mensch seine Eltern, Verwandte, Freunde, Arbeit, Gesundheit – alles vom Geringsten bis zu Bedeutsamsten, also alles, was ihn in diesem Leben umgibt und für gewöhnlich als Schicksal bezeichnet wird. Das Karma kehrt zu uns zurück und stößt uns dazu an, Neues zu schaffen und sich an das Neugeschaffene zu binden.
Das Gesetz des Karmas ist streng, aber gerecht. Es lautet: was man sät, das erntet man. Das bezieht sich gleichermaßen auf gute Taten wie negative Handlungen.
Viele Male wird der Mensch auf der Erde wiedergeboren. Er erntet die Früchte seiner Arbeit und sät die Samen des neuen Karmas aus. Wenn der Mensch beginnt, das alles in seinem Leben zu erkennen, kommt selbstverständlich die Frage auf: wie kann man verändern, was man früher wissentlich oder unbewusst, mit Absicht oder ohne, getan hat; auf welche Weise kann man verhindern, neues negatives Karma zu erzeugen und wie soll man positives Karma schaffen? Antworten auf diese Fragen gibt die Wissenschaft des Mantras.
Jeder Mensch hat in seinem letzten Leben eine bestimmte Etappe erreicht. Man kann das auch als Evolutionsstufe oder geistigen Entwicklungsstand bezeichnen. Ein gewöhnlicher Mensch, der nicht über geistiges Wissen verfügt, kennt weder seine Vergangenheit, noch seine Gegenwart, noch seine Zukunft. Bei der Geburt verdeckt Gott dieses Wissen, wegen der fehlenden Bereitschaft des Menschen, es wahrzunehmen. Gleichzeitig wird jedem Menschen die Chance gegeben, das große geistige Potential, das ihm innewohnt, zu öffnen.
Große Yogis und Mahatmas haben mit Hilfe verschiedener Praktiken, die ihnen ermöglichten, Askese zu üben und sich in einen sehr tiefen Zustand der Meditation zu versenken, die Mantras gesehen und gehört (jedes Mantra hat eine eigene Gestalt). Später wurden die Mantras der Menschheit nach bestimmten Regeln der geistigen Disziplin weitergegeben.
Der Weg der geistigen Vervollkommnung
Ein Sadguru besitzt das volle Wissen vom Yoga. Er gibt jenen Teil des Wissens von der geistigen Disziplin weiter, der zu einer bestimmten Zeit erforderlich ist. Zunächst wird der allgemeine geistige Stand der Menschen, die in dem jeweiligen Zeitalter leben, berücksichtigt.
Praktiken, die zum Beispiel mit strenger Askese verbunden sind, wurden in den guten Zeitaltern, den so genannten Yugas: Satya, Treta und Dvapara weitergegeben. Der geistige Stand der Menschheit war in diesen Zeiten insgesamt sehr hoch, und für die Einhaltung strenger geistiger Disziplin waren ausreichend Kräfte da.
Schon in alten Zeiten wurde in den heiligen Schriften (Shastren, Veden…) geschrieben, dass in der Kali-Yuga, dem Zeitalter des geistigen Verfalls, der effektivste Weg für den Menschen sich zu vervollkommnen – Jap, das Wiederholen der Namen Gottes sowie der Mantras, sei. Warum ist das so? In der Kali-Yuga, und es ist genau die Zeit in der wir jetzt leben, ist der Mensch so vertieft in die materielle Welt, dass es für ihn schwierig ist, die Praktiken zu erfüllen, die eine strenge Disziplin, Reinheit, Regelmäßigkeit und die Einhaltung einer Vielzahl anderer geistiger Regeln erfordern. Die Nichteinhaltung dieser Bedingungen kann jedoch zu negativen Resultaten führen, wie bsw. zur Verschlechterung der Gesundheit.
Die vom Sadguru gegebene Praxis des Wiederholens der Namen Gottes und Mantras gibt aber niemals einen negativen Effekt. Hier sind keine besonderen Bedingungen erforderlich. Ein Mensch kann diese Praxis in jedem Alter und beliebigem physischen Zustand erfüllen. Gleichzeitig ist das Wiederholen der Mantras eine sehr starke und wirksame Praxis. Wobei ihre Kraft auch darin liegt, dass sie immer wirkt, sobald der Mensch sie ausübt – selbst wenn es nicht gelingt, sich während der Ausübung der geistigen Praxis zu konzentrieren.
Das Empfangen des Mantras
Das Mantra wird dem Menschen individuell gegeben, da bei der Einweihung (Diksha) alle seine Lebensumstände, wie Gesundheit, Beziehungen in der Familie und auf der Arbeit beachtet werden.
Der Sadguru sieht den Kausalkörper des Schülers, den Zustand seiner geistigen Zentren (Chakras) und gibt entsprechend das Mantra, das auf beste Weise zu dem Schüler bei seinem derzeitigen Entwicklungsstand passt. Es wird seine positiven Eigenschaften verstärken und gleichzeitig die negativen schwächen. Es wird seinen geistigen Zentren Energie geben und sie gleichzeitig harmonisieren. Ebenso hat die Kraft des Mantras eine wohltuende Wirkung auf das ganze Umfeld des Menschen, sogar auf die Menschen, die von der Geistigkeit noch weit entfernt sind.
Ein Mantra aus einem Buch wird nicht die Wirkung haben wie das vom Lehrer gegebene. Wenn Sie in einem Buch lesen, weiß es nichts von Ihnen, weder von Ihren Lebensumständen, noch von Ihrem gesundheitlichen Zustand, noch von Ihrem geistigen Stand. Ein Buch kann Ihnen nicht genau die Praxis geben, die Sie brauchen. Das Wichtigste, wovon ein Buch nichts weiß, ist, in welcher Situation Sie jetzt leben, in welchem Zustand Sie sich befinden und wie Sie sich geistig weiterentwickeln sollen.
Reinigende Wirkung
Ein Mantra ist eine reine Schwingung. Da Abbilder unserer Gedanken, Worte und Taten im Raum in Form von Schwingungen oder Vibrationen verbleiben, reinigen wir uns vom Negativen, indem wir das Mantra wiederholen und dadurch eine reine Schwingung in unsere feinstofflichen Körper einbringen.
In den Namen Gottes und den Mantras steckt eine große und reine Energie, bei ihrer vielfachen Wiederholung erhält der Mensch diese Energie und reinigt sich durch ihre Einwirkung. Die Energie der Gottesnamen und der Mantras verringert die Wirkung des vergangenen sowie des gegenwärtigen negativen Karmas, manchmal annulliert sie diese auch vollständig. Je mehr Jap ein Mensch macht, desto grösser ist die Wirkung der positiven Energie, und das bedeutet, dass eine größere Reinigung von dem negativen Karma stattfindet.
Bei der Ausübung der Meditationspraxis, Dhyan, lernt der Mensch sich zu konzentrieren, die Vielzahl an Gedanken aber, die in dieser Zeit aufkommen, stören ihn dabei. Wenn Sie im Laufe einer oder zweier Stunden praktiziert und in dieser Zeit an etwas beliebiges gedacht haben, dann befanden Sie sich nicht im Meditationszustand, sondern irrten bloß umher im Labyrinth des eigenen Verstandes und verbrauchten Ihre Zeit umsonst, ohne etwas zu erlangen. Etwas anderes wäre es, wenn Sie in dieser Zeit das Mantra wiederholt, die so genannte Mantra-Meditation ausgeübt hätten. Dann hätten Sie ungeachtet des Gedankenflusses ein positives Resultat erhalten.
Das passiert aufgrund des Klangs, der reinen Schwingung, die beim Wiederholen des Mantras wirkt. Die Qualität des Resultats hängt davon ab, inwieweit Sie sich während der Meditation konzentriert haben: je mehr das Bewusstsein auf das Mantra fokussiert ist, desto intensiver geht die Reinigung vor sich, und desto näher kommt der Praktizierende zu Gott. Selbst dann, wenn es dem Menschen schwer fällt, seine Aufmerksamkeit zu bündeln und die kommenden Zustände zu kontrollieren, verleiht ihm das Mantra mit der Zeit die Kraft dazu.
Mantra und Gebet
Beim erstmaligen Kennenlernen der Mantra-Meditation kommen bei vielen Fragen auf:
„Worin unterscheidet sich das Wiederholen des Mantras vom Gebet?“
„Kann man denn nach dem Erhalten des Mantras weiterhin Gebete rezitieren und wenn ja, wie soll man das richtig machen?“
Zuerst sollte man verstehen, dass ein Gebet im Unterschied zu einem Mantra immer damit verbunden ist, dass man sich an Gott wendet. Dies kann in Form einer Bitte, zum Beispiel um Gesundheit, Wohlstand, Schutz und vieles mehr ausgedrückt werden. Mit anderen Worten, ein Gebet ist immer ein bestimmter Gedanke, der in Worte gefasst wird. Unter Mantra-Meditation versteht man die Abwesenheit von Gedanken und die Konzentration auf das Mantra. Ein Gebet kann aus einem Buch stammen, kann aber auch einfach von Herzen mit beliebigen eigenen Worten formuliert werden. Wenn man darüber nachdenkt, dann betet wohl jeder von uns unabhängig davon, ob er an Gott glaubt oder nicht, denn uns fehlt immer etwas, und wir bitten darum, dass es uns gegeben wird.
Ein Mensch, der an Gott glaubt, sagt beispielsweise:“Herr, mache doch es so, dass…“. Ein Mensch der die Existenz Gottes verneint, sagt einfach:“Ich hätte so gerne…“ oder „Ich würde so gerne…“. In Wirklichkeit wendet er sich auch an Gott, nur unbewusst.
Die Mantra-Meditation unterscheidet sich hierzu dadurch, dass der Praktizierende versuchen muss, im Moment des Wiederholens des Mantras sich von allen beiläufigen Gedanken, Wünschen und Bitten zu befreien, denn das endgültige Ziel dessen ist die Verbindung mit Gott.
Wenn Sie daran gewöhnt sind, bestimmte Gebete jeden Tag zu sprechen, bedeutet es nicht, dass Sie das alles jetzt aufgeben müssen. Die Mantra-Meditation gibt dem Menschen eine große Menge an Energie und ein Gebet, das nach der Beendigung der Praxis gesprochen wird, verfügt über eine noch größere Kraft. Die Wirkung des Gebetes hängt immer davon ab, wie aufrichtig der Betende sich Gott gegenüber öffnet.
Wenn der Mensch den Namen Gottes oder das Mantra wiederholt, geht der Klang des Wortes, seine Schwingung (selbst flüsternd oder in Gedanken gesprochen) ins Weltall und kehrt zurück zu dem Menschen und bringt ihm eine reine Energie. Derjenige, der regelmäßig Jap praktiziert, reinigt sich nicht nur im Inneren vom Negativen, sondern befindet sich auch im Äußeren unter Schutz. Eine reine, positive Energie umgibt ihn von allen Seiten und die negative kann nicht mehr so wirken wie früher.